Rundholzzug mit fast 3000 t auf der Fahrt von Nördlingen nach Wilburgstetten Anst. Rettenmeier 13. Januar 2021
Aus der Gegend um Nordhausen im Harz transportierte die Hybrid-Lok 2159 207-0 einen mit Fix-Längen beladenen Rundholzzug zum Holzwerk Rettenmeier.
Der Zug war mit fast 3000 t und 670 m Länge der bisher schwerste und längste Zug, der auf der Strecke unterwegs war. Dies entspricht einer Lademenge von ca. 3.600 Festmetern Holz. Zum Vergleich: Dies ist fast die Hälfte des Jahreseinschlags der früheren Forstämter Dinkelsbühl oder Feuchtwangen bis zur Forstreform 2005.
Die deutsche Niederlassung des Logistikunternehmens BoxTango in Sigmaringen führte den Transport durch.
Bald sollen solche Züge wöchentlich das Werk in Wilburgstetten anfahren, wenn die neue Sägeeinrichtung in Betrieb ist. Auch die Abfuhr von Hackschnitzel über die Schiene wird in nächster Zukunft sich verstärken.
Die Lok wurde von der spanischen Niederlassung der Firma Stadler in Valencia gebaut und ist nun seit dem Frühjahr 2020 im Dienst.
Die Lok 2159 207-0 kann die Energie für die Fahrmotoren entweder über die Stromabnehmer aus der Oberleitung bei elektrifizierten Strecken entnehmen oder aber auf nicht elektrifizierten Strecken über einen Stromgenerator, welcher mit einem Dieselmotor gekoppelt ist.
Unter 15 000 Volt AC-Fahrleitung, wie auf den elektrifizierten Strecken der DB üblich, leistet die 2159 207-0 lt. Hersteller 6150 kW (8360 PS). Auf den nicht elektrifizierten Strecken bringt der Dieselmotor es immerhin noch auf >2400 kW (3263 PS) .
Da die europäischen Bahnverwaltungen noch andere Stromsysteme verwenden, können EuroDual-Lokomotiven aber u. a. auch für den Betrieb unter Wechselstrom 25 kV AC und 3000 V DC ausgestattet werden.
Die Anfahrzugkraft liegt bei 500 kN. Die 2159 207-0 kann aber auch elektrisch bremsen, die Bremskraft beträgt hier 240 kN. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 120 km/h.
Nach Aussagen des Lokpersonals hatte die Lok auf der Steigungsstrecke bei Rühlingstetten 1:100 (auf einer Streckenlänge von 100 m steigt das Gleis um 1 m an) keine Probleme mit dem schweren Zug. Die Schienen waren am 13. Januar zwar nass, hatten aber keine Schnee- oder Eisschicht auf diesem Abschnitt, was zu Reibungsverlust hätte führen können. Die heutigen Lokomotiven haben aber auch, ähnlich wie beim Auto, eine elektronisch gesteuerte Schlupfregelung, die ein Durchdrehen einzelner Räder verhindert. Zudem bringen elektrische Fahrmotoren die Kraft besser dosiert auf die Schiene als ein dieselhydraulischer Antrieb.
Zum Einsatz kamen Holztransportwaggons der neuesten Generation von Innofreight-Austria des Typs Sggmrrs, das sind Doppelwaggons, d. h. die Waggons sind pärchenweise kurzgekoppelt. Durch die neuartige Konstruktion der Rungen, müssen die kurzen Holzstämme nicht mehr mit Gurten befestigt werden, dies erleichtert das Be- und Entladen. Innerhalb von etwa acht Stunden war der gesamte Zug im Werk Rettenmeier entladen.
Ein Halbwagen hat 19 t Eigengewicht. Die Zuladung ist aber davon abhängig auf welcher Strecke der Zug fährt. Dazu muss man wissen, dass Bahnstrecken je nach Tragfähigkeit des Gleises in Streckenklassen unterteilt sind.
Auf der Streckenklasse D4 dürfen pro Wagenachse 22,5 t nicht überschritten werden. Je mehr Achsen ein Waggon hat, umso größer darf das Gewicht sein. Dies ist aber auch wieder begrenzt auf die Meterlast. D. h. bei der Streckenklasse D4 darf auf einen Meter Gleislänge kein höheres Gewicht als 8 t entstehen.
Das Personal für den Zug stellte das Eisenbahnunternehmen MEV aus Mannheim.
Auch für die Mittelfränkische Eisenbahn-Betriebs-Gesellschaft mit Sitz in Feuchtwangen ist diese Fahrt des Rundholzzuges ein erfreuliches Ereignis. Die MEBG ist für die Infrastruktur der Strecke Nördlingen-Wilburgstetten verantwortlich und hat im vergangenen Jahr die Bahnstrecke mit erheblichem finanziellen Aufwand instandsetzen lassen. Durch Einnahmen aus der Trassenbenutzung können die Ausgaben langfristig refinanziert werden.
Die MEBG hofft, das die Belebung des südlichen Abschnitts auch Auswirkungen auf die gesamte Strecke von Dombühl bis Nördlingen hat und ähnlich wie z. Zt. der Güterverkehr bald auch der planmäßige Reisezug- und auch der Touristikverkehr auf der Schiene laufen kann.
Mit Klick auf das folgende Bild werden Sie zu einem Video weitergeleitet, welches ich auf youtube hochgeladen habe.
Das Video zeigt den Zug am Scheitelpunkt der Strecke bei Bahn-km 18,6 in der Nähe der früheren Haltestelle Rühlingstetten wie er sich dem Bahnübergang der Bundesstraße 25 nähert.
Dann passiert es - zum Glück passiert nichts!!!
Rasant überholt ein PKW die vor dem Bahnübergang wartende Fahrzeugkolonne und überquert vor dem herannahenden Zug die Gleise!
Das Video zeigt aber noch mehr - auch den Rangierbetrieb zum Werksgelände Rettenmeier.
Bereits zum Sonnenaufgang am 27. Januar 2021 gegen 8 Uhr traf die Lok wieder mit einem Rundholzzug bei der Firma Rettenmeier ein.
Lokführer Sebastian Fährmann stellte mir die beiden folgenden Bilder zur Verfügung - vielen Dank an Sebastian.
Gegen Mittag wurde eine Testfahrt zwischen dem Werksgelände und dem Bahnhof Wilburgstetten durchgeführt. Nachdem vor einiger Zeit das LST-Team das Weichen-Schlüsselwerk (=Verschluss-System zum Sichern der Weichenstellung) überarbeitet hat, sind nun beide Gleise im Bahnhof Wilburgstetten wieder befahrbar.
Der Bürgermeister der Gemeinde Wilburgstetten Michael Sommer bemerkte dazu, dass er den Güterverkehr und die Reaktivierung des Personenverkehrs auf der Bahnstrecke Dombühl-Nördlingen nach Kräften unterstützt.
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