Beschreibung einer Fahrt mit dem WÖRNITZ-SULZACH-EXPRESS von Feuchtwangen nach Dinkelsbühl anfangs der sechziger Jahre
Bild aus "Eisenbahn in Mittelfranken" - empfehlenswerte Bücher im Bufe - Fachbuchverlag
Mittags, zwanzig Minuten nach zwölf Uhr fährt der Schienenbus aus Dombühl kommend auf Gleis 1, in Feuchtwangen ein. Ein paar Reisende steigen aus. Viele Schüler der Mittelschule (heutige Realschule) warten am Bahnsteig. Es wird einiges Gepäck verladen, darunter auch erlegte Rehe einer Feuchtwanger Wildbrethandlung, die Tiere durften seinerzeit noch offen transportiert werden.Anfangs der sechziger Jahre fuhr der VT 95 mit Beiwagen und weiß gestrichenen Oberlichtern (vermutlich um die Sonnenstrahlen etwas abzuhalten). Im Laufe der Jahre 1962 und 1963 wurde der VT 95 durch den dreiteiligen, zweimotorigen VT 98 abgelöst. Zuerst der Zug der gegen 14.00 Uhr Richtung Dinkelsbühl fuhr, dann auch der Mittagszug. In dieser Zeit baute man auch die Schrankenanlagen an der B 25 / B 14 und am Mosbacher Weg um. Während zuerst noch der Fahrdienstleiter mit Handkurbeln die beiden Schranken herunterlassen musste, stellte man nun an den Bahnsteig 1 ein kleines Häuschen mit einem Bedienpult, ähnlich einem Streckentelefonhäuschen, jedoch mit großen Fensterscheiben zur Rundumsicht. Von dort aus wurden die Schranken elektrisch per Knopfdruck geschlossen. Nachdem der Mann mit der roten Mütze die Schranken heruntergelassen hatte, stellte er das Signal auf "Freie Fahrt" und gab unserem Triebwagenführer mit Kelle und Pfeife das Zeichen zur Abfahrt. Der Schaffner sprang noch auf, nachdem er die Türen des Zuges kontrolliert hatte. Nach der Fahrkartenkontrolle im vorderen Wagen setzte er sich auf den Platz neben dem Triebwagenführer.
Kurz nach dem Bahnübergang am Mosbacher Weg zweigte nach links das Industriegleis zur Ziegelei Fuchs ab - lange Zeit, bis zum Bau des Lidl-Marktes, war wo sich heute der Deichmann-Laden befindet, noch ein kurzer Gleisstutzen zu sehen. Rechts neben dem Bahndamm liegt der Ziegeleiweiher. Kurz danach überqueren wir die Ziegeleibahn, auf welcher der Lehm aus den westlich von Feuchtwangen gelegenen Lehmgruben zur Ziegelei befördert wurde (Die Ziegelei Fuchs befand sich auf dem Gelände zwischen Bundesstraße und Bahnlinie, inzwischen durch Einkaufsmärkte überbaut).
Mit lautem Gebrumm des Diesels umfahren wir mit einer Linkskurve die Ungarndeutsche Siedlung, zweimal kommt hier das Zeichen LP - Läuten und Pfeifen, wir überqueren den Bahnübergang nach Höfstetten. In der Rechtskurve und der anschließenden Linkskurve, entlang einer Fichtenhecke, kurz vor der Kaltenbronner Brücke rumpeln und quietschen die Spurkränze gegen die Schienen. Stetig steigt hier die Bahnstrecke, vorbei am Kaltenbronner Weiher hinein ins Pfaffenholz. Wir fahren durch einen Einschnitt, dem höchsten Punkt der Strecke. Hier sind sogar doppelte Eisenschwellen eingebaut. Links und rechts, versteckt hinter dicken Fichten, sieht man Felsen anstehen. An der dortigen Brücke, wo die Bahnlinie den alten Weg von der Bundesstraße 25 nach Larrieden unterquert, nimmt der Triebwagenführer das Gas weg. Das Brummen des Diesels wird nun durch das Zischen der Luftdruckbremse abgelöst. Nun ist der Scheitelpunkt zwischen Feuchtwangen und Schopfloch überschritten. Stetig fällt die Strecke in Richtung Schopfloch.
An einem Waldweg im Pfaffenholz, dem ehemaligen Ortsverbindungsweg von Mögersbronn nach Heiligenkreuz kommt das Zeichen LP - Läuten und Pfeifen. Laut alter Unterlagen befand sich inmitten der Wiese, die direkt neben dem Bahnübergang liegt, ein gemauerter Notbrunnen. Vermutlich hatte man diesen in der Anfangszeit, als die Dampflokomotiven noch nicht so zugkräftig waren, angelegt, um hier mit Hilfe einer lokeigenen Pumpe Wasser nachzufassen, wenn man die Steigungsstrecke Richtung Feuchtwangen befuhr.
Auf diesem Streckenabschnitt sind einfache Eisenschwellen verlegt. Immer wieder zieht jetzt der Triebwagenführer den Bremshebel.
Inzwischen haben wir das Pfaffenholz verlassen. Am Bahnübergang beim Aussiedlerhof am Ortsverbindungsweg vom Schopflocher Ortsteil Deuenbach nach Larrieden wieder das Zeichen LP. Danach durchqueren wir einen Geländeeinschnitt, in welchem während eines schneereichen Winters in den sechziger Jahren sogar eine 64er Dampflok in einer Schneewehe stecken blieb. Dort stand auch das Vorsignal für das bayerische Einfahrtssignal des Bahnhofs Schopfloch, das kurz vor der Brücke folgte und 1986 abgebaut wurde - nur noch ein Sockel erinnert an seinen Standplatz.
Mit lautem Gedröhne überqueren wir die wieder aufgebaute eiserne Kastenbrücke. Diese war am Ende des zweiten Weltkrieges von deutschen Soldaten noch gesprengt worden. Gleich nach der Brücke rumpeln wir über die Weiche des Ausweichgleises, das rechts von uns liegt. Links zweigt das Ladegleis zur Rampe und zum Güterschuppen ab, letzterer wurde 1986 abgerissen. In der Höhe des Güterschuppens mündet das Ladegleis wieder in das Hauptgleis. Der Bahnhof Schopfloch war seinerzeit noch hübsch mit Blumenkästen geschmückt und am Bahnsteig stand Bahnhofsvorstand Edenharter. Zeitweise war der Fahrplan so eingerichtet, dass abends gegen sechs Uhr sich hier die Züge aus Dinkelsbühl und Dombühl begegneten. Anfangs der sechziger Jahre fuhr man auch noch abends mit dampflokbespannten Zügen, während mittags fast ausschließlich VT 95 und später VT 98 eingesetzt waren. Der Dampfzug am Abend von Feuchtwangen nach Dinkelsbühl war mit einer 64er bespannt, die meist zwei sogenannte Donnerbüchsenwagen - vorn und hinten mit offenen Übergängen - und einen Gepäckwagen mitführte. Ab und zu war sogar noch ein 3.Klasse-Abteilwagen mit außen entlanglaufenden Trittbrettern eingereiht.
Weiter geht nun unsere Fahrt mit dem Schienenbus Richtung Dinkelsbühl. In Schopfloch war der Schaffner in den Beiwagen umgestiegen. Nachdem er dort die Fahrkarten kontrolliert hat, sortiert er jetzt die Pakete. Nach Verlassen des Bahnhofs Schopfloch fahren wir über die Brücke der Straße nach Weidelbach, anschließend mündet von rechts wieder das Ausweichgleis in das Hauptgleis. Mit leichtem Gefälle zieht sich nun die Bahnstrecke unterhalb Lehengütingens durch das Wörnitztal. Wir überqueren eine steinerne Bogenbrücke beim ehemaligen Lehengütinger Schuttplatz und rollen dem Haltepunkt Lehengütingen zu. Hier steht ein kleines hölzernes Wartehäuschen.
Als damals die Straße von Lehengütingen nach Waldhäuslein ausgebaut wurde, errichtete man eine Bahnunterführung. Dieses Streckenstück ist seit 1964 mit Betonschwellen versehen.
Weiter Richtung Dinkelsbühl fällt in Höhe der Froschmühle das Gleis nochmals an einem Geländeknick. Hier kommt das Zeichen LP, da der Weg von der Froschmühle zur B 25 kreuzt. Die Bundesstraße 25 verläuft nun fast parallel zur Bahnlinie. Mit einer leichten Linkskurve umfahren wir die Hühnerfarm. Jetzt kommen nochmals zwei Bahnübergänge mit LP. Zwischen den Fischweihern hindurch zieht sich die Bahnlinie an der Ölmühle vorbei. Läuten und Pfeifen nochmals am Bahnübergang beim Ölmühlsteg. Seit den achtziger Jahren existiert hier gleich daneben der mit Halbschranken gesicherte Bahnübergang der Umgehungsstraße. Wir nähern uns dem Vorsignal. Dieses zeigt "Halt erwarten". Von weitem sehen wir, dass die Schranken am Bahnübergang in der Feuchtwanger Straße bereits geschlossen sind. Auf der linken Seite steht das Bahnwärterhaus, das dadurch auffiel, dass es größer als die sonst üblichen Bahnwärterhäuser war und gelb verputzt ist. Dies wurde Ende der siebziger Jahre abgerissen und durch eine Blinkanlage mit Halbschranken ersetzt.
Der Schrankenposten am Bahnübergang in der Feuchtwanger Straße in Dinkelsbühl
* Bilder mit freundlicher Unterstützung des ehemaligen Eisenbahners Adolf Grimm + 19.3.2005, Schopfloch
Da wir am Einfahrtssignal anscheinend länger warten müssen, öffnet der Schrankenwärter nochmals die Schranken und lässt noch ein paar Autos und eilige Fußgänger durch. Anscheinend hat der Gegenzug aus Nördlingen etwas Verspätung, da wir erst einfahren können, wenn dieser auf Gleis 2 im Bahnhof Dinkelsbühl steht. Der Schrankenwärter, der etwa eineinhalb Meter erhöht neben der Bundesstraße auf einem gemauerten Vorsprung sein Telefonhäuschen und die Kurbel hatte, schließt die Schranke wieder. Das Signal geht auf freie Fahrt.
Ein kurzer Pfiff unseres Zuges als Bestätigung und wir setzen uns wieder in Bewegung. Langsam rollen wir unter der steinernen Bogenbrücke, der Bechhofener Straße und der Stauferwallbrücke (Betonbrücke, Ende der 5Oer Jahre errichtet) hindurch in den Bahnhof Dinkelsbühl. Gleich unter der Stauferwallbrücke zweigt das Anschlussgleis zur Firma Frankenmöbel nach links ab, dies war erst Ende der fünfziger Jahre gebaut worden, gleichzeitig mit der Errichtung der Firma Frankenmöbel. Anschließend überqueren wir den Weichenabzweig für das Gleis 2, von dem dann aus weiter nach Osten die Anschlussgleise für die Firma Werner & Pfleiderer (früher Sägewerk Dürr) und die BAYWA abzweigen.
Links von uns sehen wir den Schuppen für die Rangierlok - in Dinkelsbühl war ebenfalls wie in Feuchtwangen seinerzeit eine Kö II stationiert. Dahinter zieht sich das Lager der Bahnmeisterei entlang, hinter einem Holzzaun eine hellverputzte Steinbaracke, in der sich auch eine Garage für die Bahnmeisterdraisine KLV 12 befindet. Da die Garage rechtwinklig zum Gleis 5 angelegt war, schob man die Draisine aus ihrer Garage und drehte sie auf dem Gleis 5 in die richtige Richtung. Zeitweise konnte auch eine KLV 2O vermutlich aus Nördlingen in Dinkelsbühl beobachtet werden. Gegenüber dem Bahnhofgebäude stand der zweiständige Lokschuppen mit dem Wasserhaus. Durch ihn führten die Gleise 4 und 5. Das Gleis 4 endete im Norden im Schuppen der Rangierlok. Vor diesem bestand eine Weichenverbindung, von der man aus Gleis 4 und 5 in das Gleis 3 in Richtung Feuchtwangen ausfahren konnte. Das Ausfahrtssignal befand sich noch lange Zeit unter der Stauferwallbrücke. Hinter der Werkstatt der Bahnmeisterei und dem Lokschuppen zogen sich im Osten zwei Abstellgleise bzw. Ladegleise bis zum BAYWA-Lagerhaus. Südöstlich des Lokschuppens und des Wasserhauses lagen noch einige Gemüsegärten zwischen dem eigentlichen Bahnhofsbereich und diesen Abstellgleisen. Zeitweise wurde anstelle der KöF auch eine Dampflok zum Rangieren, vermutlich eine 89er bis Ende der fünfziger Jahre in Dinkelsbühl eingesetzt.
Auf Gleis 2 wartete nun schon der dreiteilige Schienenbus VT 98 als Gegenzug in Richtung Dombühl. Lange Zeit fand dann für die Nachmittagszüge die Zugkreuzung in Wilburgstetten statt. Bevor der VT98 zum Einsatz kam, lief ein mit einer 64er-Dampflok bespannter GmP (Güterzug mit Personenbeförderung) von Dombühl im Nachmittagsplan, der meist nur einen Personenwagen mitführte.
Gegen 16.37 Uhr traf dann der sogenannte "Reichsstädte-Express" aus München in Dinkelsbühl ein. Ein dreiteiliger Schienenbus VT 98 oder bei Ausfall der Schienenbusse und stärkerem Reisendenaufkommen, eine 64er Dampflok mit zwei Eilzugwagen. Diese Verbindung führte von Rothenburg über Dombühl, Dinkelsbühl (ab ca. 8.10 Uhr) nach München. Während der VT 98 durchfuhr, wurden die Eilzugwagen in Nördlingen bzw. Donauwörth von der 64er abgehängt und von einer E 17 nach München weiterbefördert.
Größere Güterzüge, ebenso solche die einen Zirkus nach Dinkelsbühl brachten waren mit 5Oer Dampfloks bespannt. Sie standen dann meist während der Ausweichvorgänge auf Gleis 3.
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